Klinische Studien

Klinische Studien zur Behandlung von Multipler Sklerose an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der UMG

Noch vor wenigen Jahrzehnten gab es kaum Möglichkeiten, eine Multiple Sklerose gezielt zu behandeln. Mittlerweile stehen aber diverse Medikamente zur Verfügung, mit deren Hilfe sich individuell abgestimmt auf die Bedürfnisse der Patient*innen das fehlgeleitete Immunsystem regulieren lässt. Jedoch sind viele der Medikamente, die bei Kindern und Jugendlichen gegen Multiple Sklerose eingesetzt werden, (noch) nicht für diese Altersgruppe zugelassen, da sie bislang nur für Erwachsene in größerem Umfang geprüft wurden. Mangels Alternativen können und werden sie aber dennoch im Rahmen eines sogenannten Off-Label-Use verwendet, was natürlich mit einer gewissen Unsicherheit einhergeht.

Daten über den Nutzen und eventuelle Risiken eines Medikaments werden im Rahmen von klinischen Studien ermittelt. Je mehr Patient*innen an einer solchen Studie teilnehmen, desto aussagekräftiger werden die Daten. Darüber hinaus ermöglicht die Teilnahme an einer klinischen Studie den Patient*innen den Zugang zu neuen Therapien, während sie gleichzeitig von erfahrenen Ärzte*innen intensiv untersucht, betreut und überwacht werden, was wiederum die Sicherheit erhöht.

 

PARADIGMS

Diese klinische Studie kommt für pädiatrische Patient*innen infrage, die höchstens zwölf Jahre alt sind und an schubförmig-remittierender Multipler Sklerose leiden. Die Patient*innen erhalten das Medikament Fingolimod (Gilenya®), das täglich in Tablettenform eingenommen wird. Fingolimod wird im Rahmen einer Eskalationstherapie, also wenn eine Basistherapie keine ausreichende Wirkung zeigt, eingesetzt. Es verhindert, dass bestimmte Zellen des Immunsystems, die Lymphozyten, aus den Lymphknoten wandern und so zu der Isolierschicht der Nervenfasern gelangen und diese schädigen können. Der Gesundheitszustand und die Wirkung des Medikaments auf den individuellen Krankheitsverlauf werden in regelmäßigen Abständen untersucht. Studienende ist voraussichtlich September 2022. Die Studie wird vom Hersteller Novartis gesponsert.

 

CHARGE

Diese klinische Studie kommt für pädiatrische Patient*innen zwischen zehn und achtzehn Jahren infrage, die an einer schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose leiden und eine Basistherapie erhalten.

Die Patient*innen erhalten als Medikament entweder ein herkömmliches oder ein pegyliertes Interferon beta-1a (Plegridy®). Bei letzterem ist das Interferon an ein Polyethylenglykol (PEG) gebunden. Seine Wirksamkeit entspricht der der bisher eingesetzten Beta-Interferone, wobei die Pegylierung die Halbwertszeit des Wirkstoffs im Körper verlängert, sodass er nur noch alle zwei Wochen verabreicht werden muss. Das Medikament kann im Verlauf der Studie selbst mit einem Fertigpen unter die Haut injiziert werden. Der Gesundheitszustand und die Wirkung des Medikaments auf den individuellen Krankheitsverlauf werden in regelmäßigen Abständen untersucht. Die Studie endet voraussichtlich im Herbst 2024. Sie wird vom Hersteller Biogen gesponsert.

 

NEOS

Diese klinische Studie richtet sich an pädiatrische Patient*innen zwischen zehn und siebzehn Jahren, die an einer schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose leiden und eine Eskalationstherapie benötigen. Die Patient*innen erhalten einen der drei Wirkstoffe Fingolimod, Siponimod oder Ofatumumab.

  • Fingolimod (Handelsname Gilenya®) verhindert, dass Lymphozyten, also bestimmte Zellen des Immunsystems, aus den Lymphknoten wandern und so zu den Nervenzellen gelangen und diese schädigen können. Das Medikament wird täglich in Tablettenform eingenommen.
  • Siponimod (Handelsname Mayzent®) enthält wie Fingolimod einen Wirkstoff, der verhindert, dass Lymphozyten aus den Lymphknoten wandern. Das Medikament wird ebenfalls täglich in Tablettenform eingenommen.
  • Ofatumumab (Handelsname Kesimpta®) enthält einen Wirkstoff, der spezifisch an B-Lymphozyten, also speziellen Zellen des Immunsystems, bindet und ihren Abbau auslöst. Nach wöchentlichen Injektionen unter die Haut über einen Zeitraum von drei Wochen wird das Medikament alle vier bis sechs Wochen injiziert. Das Medikament kann im Verlauf der Studie selbst mit einem Fertigpen unter die Haut injiziert werden.

Der Gesundheitszustand und die Wirkung des Medikaments auf den individuellen Krankheitsverlauf werden in regelmäßigen Abständen untersucht. Studienende ist voraussichtlich September 2026. Die Studie wird vom Hersteller Novartis gesponsert.

 

OPERETTA

Diese klinische Studie richtet sich an pädiatrische Patient*innen unter achtzehn Jahren, die an einer schubförmig-remittierenden Multiplen Sklerose leiden. Die Patient*innen erhalten den Wirkstoff Ocrelizumab (Handelsname Ocrevus®), der spezifisch an B-Lymphozyten, also speziellen Zellen des Immunsystems, bindet und ihren Abbau auslöst. Der Wirkstoff wird als Infusion verabreicht. Zwei erste Infusionen erfolgen im Abstand von zwei Wochen, danach erhalten die Patient*innen alle 24 Wochen eine erneute Infusion.

Der Gesundheitszustand und die Wirkung des Medikaments auf den individuellen Krankheitsverlauf werden in regelmäßigen Abständen untersucht. Studienende ist voraussichtlich 2025. Die Studie wird vom Hersteller Roche gesponsert.